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Körperbewusstsein: wie du endlich Frieden mit deiner Figur schließt

Seit ein paar Jahren geht der Hashtag #bodypositivity um die Welt. Mein Verhältnis zu seiner Verwendung ist etwas zwiespältig. Und ich bevorzuge für meine Überlegungen den Begriff „Körperbewusstsein“.

Häufig steht Body Positivity (zumindest auf insta) für Frauen, die eben etwas mehr auf den Hüften haben und propagiert wieder ein Ideal. Klassische Vorreiterin Ashley Graham als Pluz-Size-Model. Oder es wird Kraut und Rüben alles zusammengeworfen, was nur irgendwie mit Körpern, Fehlern und Selbstliebe zu tun hat. Sehr oft haben wir es auch mit Extremen zu tun. Extrem trainiert, extrem dick. Es ist nichts Verkehrtes daran, im Gegenteil, die Vielfalt muss präsent sein. Mir stellt sich aber gleichzeitig die Frage, wie gesund solche Extreme sind. Manchmal werden diejenigen kritisiert, „die eh schön sind“ und so kommt es zu Phänomenen wie „skinny shaming“, also Hass gegen Menschen, die eben von Natur aus schlanker sind.

Und letztendlich geht es ja doch wieder nur um Körper und nicht um Menschen.

Was ist für uns überhaupt schön?

Versteh mich richtig, natürlich springen wir alle auf optische Reize an. Körper und Optik können also nicht wegignoriert werden. 

Wir sind instinktiv darauf geprägt, uns für die Fortpflanzung das Exemplar mit den besten Genen auszusuchen. Beste Gene sind in unserer Vorstellung gleichbedeutend mit gesunden Genen.

Über dieser Basis liegt die gesellschaftliche Definition von Schönheit, das Schönheitsideal. Je mehr Menschen einem gegenwärtigen Schönheitsideal entsprechen wollen, desto mehr Profit macht die Industrie. Ein solches Schönheitsideal kann regional und je nach Zeitalter stark variieren und muss nicht zwangsläufig nützlich für die Fortpflanzung sein. Im Gegenteil, es kann der Gesundheit auch extrem schaden. Denken wir an Praktiken wie den Lotusfuß in China oder die Padaung-Frauen, die sogenannten Giraffenhalsfrauen, die mit Ringen ihren Hals verlängern.

Darüber liegt unsere individuelle Sicht, die Sicht eines jeden Menschen und seinem Empfinden für Schönheit. Wir alle tragen einen riesigen Erfahrungsschatz mit uns, der uns beeinflusst. Daraus ergeben sich unserer persönlichen Vorlieben. Dazu kommt, dass wir tatsächlich alles, was wir mit Liebe betrachten und was uns vertraut ist, auch schön finden. Nehmen wir das klassische Beispiel der Eltern und ihrem Kind. Ist nicht jedes Kind für seine Eltern das allerschönste, auch wenn es nicht so aussieht wie das perfekte Kind in der Werbung?

Den eigenen Körper wertschätzen

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ein gelungener Ansatz für Body Positivity aussehen könnte und habe zumindest für mich einen eigenen Weg gefunden.

 Körperbewusstsein ist für mich: Die wertschätzende, tolerante und entspannte Einstellung zu meinem Körper, unabhängig davon, wie er gerade aussieht.

Mir persönlich ist es wichtig, Body Positivity nicht mit Selbstliebe zu übersetzen, deshalb habe ich den Begriff des Körperbewusstseins gewählt. Diese Trennung nehme ich vor, da für mich Selbstliebe viel mehr einschließen muss als bloß die Konzentration auf den Körper.

Körperbewusstsein: Wie geht das in der Praxis?

Auch habe ich lange überlegt, was es für mich im Alltag heißt, meinen Körper freundlich zu behandeln und habe das für dich zusammengefasst: 

Stehe zu deinem Körper!

Stehe zu deinem Körper, auch wenn er nicht aussieht wie aus einer Bikinimodel-Zeitschrift. Ziehe an, was DU schön findest und zeige dich in der Öffentlichkeit ohne Scham – auch halbnackt beim Baden im Sommer.

Essen und Bewegung mit Spaßfaktor

Quäle dich nicht mit Essen oder Sportarten, die dir keinen Spaß machen, nur um einer gewissen Optik zu entsprechen! Wie mich Sport zu einem besseren Körperbewusstsein geführt hat und wie mein Verhältnis zum Essen aussieht, habe ich in diesem Artikel erwähnt. 

Hinsehen und hinhören

Uneingeschränktes Essen und Verzicht auf langweilige Bewegung bedeuten nicht, sich körperlich und gesundheitlich total gehen zu lassen. Im Gegenteil! Lerne, deine Bedürfnisse zu beobachten. Frage dich: Was will mein Körper gerade und warum? Für mich ist es zum Beispiel ein Riesen-Unterschied, ob ich ein Stück Schokoladentorte esse, wenn es mir gut geht und es richtig genießen kann oder ob ich es esse, weil ich unter immensem Stress stehe und das zum Stressabbau „brauche“.

Veränderung

Lasse deinen Wunsch nach optischer Veränderung zu und gehe ihm nach, auch wenn er dem Schönheitsideal entspricht. Ich schminke mich zum Beispiel, lasse meine Haare färben und ich möchte gerne einen flacheren Bauch haben. Aber alles geschieht ohne Zwang! Mir ist es wichtig, dass ich mich ungeschminkt, an Bad-Hair-Days und mit Bauchspeck genauso wertschätze.

Schönheitsideale eliminieren

Das ist vielleicht der wichtigste Punkt in dieser Auflistung. Und ich wiederhole mich immer wieder: Tritt klassische Mode- und Frauenzeitschriften und alle anderen Medien, in denen du nur perfekt retuschierte Frauen siehst, in die Tonne! Das triggert uns, weckt Bedürfnisse und macht uns miese Gefühle, weil wir stündlich und minütlich daran erinnert werden, wie wir eigentlich aussehen sollten! Ich habe auch auf Instagram alle Accounts blockiert oder aus meinen Vorschlägen entfernt, die mir zu unecht daherkommen.

Akzeptiere, dass dich nicht jede*r schön findet

Ich glaube, das fällt vielen Frauen sehr schwer. Wir wollen gemocht und geliebt werden und das werden Frauen eben sehr oft, wenn sie hübsch sind. Du wirst wesentlich entspannter sein, wenn du dich davon löst, wenn es für dich einfach auch mal okay ist, nicht zu gefallen. Das bedeutet auch, nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen, wenn dich jemand fragt, ob du zugenommen hast, selbst wenn es untergriffig gemeint ist. Du kannst dann auch ganz einfach nicken und sagen: „Ja, ich bin dicker geworden.“

Du bist mehr als dein Körper

Vielleicht hilft dir wie mir die Vorstellung, dass du nicht dein Körper bist sondern zu dir noch wesentlich mehr gehört. Dein Herz, deine Seele, dein Geist – das alles macht dich als Ganzes sehr wertvoll.

Mach dir deine eigene Welt

Gestalte die Welt nach Möglichkeit so, wie es dir passt. Sieh Mode und Industrie als Selbstbedienungsladen. Nicht DU musst zwangsläufig in Größe 32 passen. Die Industrie ist da, um DIR deine passende Größe bereitzustellen. Und wenn das eine Geschäft dir nichts bieten kann, gehst du weiter in das nächste.

Das waren ein paar wenige Gedanken zu einem Thema, zu dem ich noch sehr viel zu sagen habe, was ich in Zukunft auch noch machen werden. Wenn du dich tiefer damit beschäftigen willst, möchte ich dir dazu einen Film und ein Buch besonders ans Herz legen, die mir besonders geholfen haben.

Embrace“ ist ein Film, den wirklich jede Frau gesehen haben muss – am besten in regelmäßigen Abständen. Denn so wie uns die Schönheitsindustrie immer wieder negativ triggert, können wir das auch umgekehrt mit positiven Gefühlen machen!

Wenn du unterhalten und gleichzeitig informiert werden willst, empfehle ich dir „Am liebsten sind mir die Problemzonen, die ich noch gar nicht kenne“ von Corinne Luca. Ich kenne die Autorin als Bloggerin und habe mir das Buch sofort zugelegt, als es rauskam. Corinne zeigt dir auf eine witzige und manchmal auch etwas bissige Art (das mag ich!), was uns Frauen tagtäglich eingeredet wird und wie wir es schaffen diesem Optimierungswahn zu entkommen.


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Beitragsbild: Daniela Vallant I Fotografie

5 Kommentare zu “Körperbewusstsein: wie du endlich Frieden mit deiner Figur schließt

  1. […] beschäftige, den ich aber bisher noch nie richtig umsetzen konnte. Ich habe in den letzten Jahren Frieden mit meinem Körper geschlossen, was sich sehr gut und richtig angefühlt hat. An meiner Beziehung zum Essen möchte […]

  2. Vielen Dank für den tollen Artikel.
    „Die wertschätzende, tolerante und entspannte Einstellung zu meinem Körper, unabhängig davon, wie er gerade aussieht.“ – eine schöne Definition für Body Positivity, der schließe ich mich gern an 🙂

    Ich habe vor einiger Zeit mit einer Freundin über den „Trend“ Body Positivity gesprochen. „Trend“, weil ich das Gefühl habe, dass es vielerseits eben nicht der tatsächlichen Einstellung entspricht, sondern man sich einfach so äußern „sollte“ (unabhängig davon, ob man nun vom eigenen Körper spricht oder – aus welchem Grund auch immer – über andere Körper urteilt).

    Mir persönlich ist es egal, wie meine Mitmenschen aussehen, es gibt wichtigeres als die Optik. Natürlich, ich finde nicht alles und jeden attraktiv. Muss ich auch nicht, ich will ja auch nicht mit jedem Menschen in die Kiste. Für alle anderen Lebensbereiche spielt (die persönliche Definition von) Attraktivität ja eigentlich keine Rolle. Solange ich also nicht ausdrücklich nach meiner Meinung gefragt werde, halte ich meine Klappe.

    Bezüglich meines eigenen Körperbewusstseins wurde mir schon vorgeworfen, ich sein inkonsequent. Weil ich sage, dass mich gut finde, wie ich bin, aber gleichzeitig sage, dass ich gern etwas Gewicht verlieren würde. Weil ich mich selten schminke, da ich es für unnötig halte, mir aber regelmäßig die Haare färbe.
    Ist das tatsächlich Inkonsequenz oder meine ich damit vielleicht nur, dass ich mit mir im Reinen bin, ich mir aber mit ein paar kleinen Veränderungen möglicherweise noch besser gefalle? Noch besser heißt doch nicht, dass der Ist-Zustand schlecht ist. An jede 1 kann man ein + hängen. Und „der Hammer!“ kann auch noch zum „Oberhammer“ werden.
    „Der Hammer!“ sein ist aber auch verdammt cool und wer freut sich nicht schon über die 1? 😉

    • Liebe Steffi, danke für deinen tollen Kommentar! Ich sehe das exakt wie du – erstens, man muss nicht alles schön finden – auch die anderen MICH nicht und zweitens, wer glauben wir denn, zu sein, wenn wir über das Äußere der anderen urteilen! Zum Thema Inkonsequenz: Das ist auch was, worüber ich intensiv nachdenke, teile aber auch deine Meinung. Man kann sich doch gleichzeitig selbst lieben und trotzdem etwas am Körper ändern wollen? Selbstliebe/Körperbewusstsein heißt für mich nämlich auch nicht, alles an mir hundertprozentig schön zu finden, sondern eher gütig über Fehler hinwegzulächeln und zu sagen: Ja, mei, hab ich eben Speck am Bauch. Und entweder habe ich Lust, dagegen etwas zu machen oder eben nicht. Nur denke ich, sich nackt vor den Spiegel zu stellen und sich runterzumachen und zu hassen, ist halt der falsche Weg. 🙂 Genauso, wie sich in irgendeiner Aktivität einschränken zu lassen, z. B. das Schamgefühl siegen zu lassen und nicht mehr ins Schwimmbad zu gehen! Ich finde zwar, auch das „Optimieren“ sollte mal ein Ende haben, da es sonst zur Sucht werden kann (z. B. Sucht nach OPs, Orthorexie etc.) aber das muss letztlich auch wieder jede/r für sich selbst entscheiden und ich denke, jemand mit einem guten Körpergefühl findet da auch die Balance. Lass mal wieder was von dir lesen, Steffi, ich freue mich immer über so kluge, ergänzende und reflektierte Kommentare! 🙂 <3

  3. Wiedermal ein super Artikel. Ich les deine Blogs so gerne. Die sind so erfrischend und ehrlich.
    Bodypositivity mit Körperbewusstsein zu übersetzen find ich sehr gut. Leider gibt es viele die gar nicht auf ihren Körper hören können. Ich bin leider das andere extrem. Ich interpretier in jedes pieksen oder zwicken schon was hinein. Aber ich bin eh schon in therapie gg
    Grade das “sich im eigenen Körper wohlfühlen“ ist durch dieses dauernde Bodyshaming total verloren gegangen. Früher waren Models halt einfach normale Frauen und das hat auch jedem gefallen. Authentische Menschen gibt es leider immer sletener, weils immer irgendein a…loch gibt das meint über Aussehen, Verhalten oder was auch immer urteilen zu dürfen/müssen. Ich glaube, dass nicht nur Körperbewusstsein ein wichtiges Stichwort ist sondern vor allem AKZEPTANZ. Nämlich die Akzeptanz anderen ggü. Der/die andere darf einfach so sein wie er/sie ist. Ich muss das so hinnehmen und mmn sind wir verpflichtet ehrlich miteinander umzugehen ohne dabei zu werten oder zu urteilen. Der/die andere muss nicht so sein/aussehen/denken wie ich. Jede*r darf sein wie er/sie ist. AKZEPTANZ ist das Keyword. LG

    • Danke für deinen Kommentar – ganz tolles Stichwort! Du hast sowas von recht mit deinen Ausführungen! Ich war vor kurzem in einem Seminar, da hat es die Seminarleiterin auch so ähnlich formuliert: Wenn es um andere Personen geht, braucht es Toleranz. Und wenn die Toleranz aufhört, dann zumindest Akzeptanz, denn wer sind wir, um über andere bestimmen zu können?

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