Sport hilft bei Trauer, davon ist Katy überzeugt. Die Trainerin und Bloggerin hat SeelenSport gegründet, ein Projekt, mit dem sie trauernden Menschen hilft.
Ich folge Katy schon lange auf Instagram. Ich weiß noch, als ich ihren Account entdeckte und total davon betroffen war, was sie dazu bewegte, Seelensport ins Leben zu rufen.
Welcher schlimme Schicksalsschlag sie zu Ihrem jetzigen Herzensprojekt geführt hat und wie Sport in der Trauerarbeit helfen kann, erfahrt ihr im Interview.
Was ist SeelenSport und wie bist du auf die Idee gekommen?
Der Seelensport besteht aus Bewegungsabläufen aus den unterschiedlichsten Sportarten, vermischt mit eigenen Ideen und orientiert an Gefühlen. Fast alle, bis auf vereinzelte, Übungen sind nach Sternbildern benannt und wurden mit positiven Affirmationen besetzt, sozusagen gibt es fast für jede Übung eine kleine Hintergrundgeschichte.
Nachdem meine Schwester im September 2013 von ihrem Freund ermordet wurde, wurde ich erstmals in extremster Weise mit Trauer und deren körperlichen Folgen konfrontiert. Weil ich zuvor einen Unfall mit Folge Kreuzbandriss hatte, war ich Monate nach ihrem Tod gezwungen trainieren anzufangen, weil meine Muskulatur und mein Kniegelenk derart verkümmert waren, dass ich nie wieder hätte joggen können. Im Fitnesstudio erkannte ich schnell, dass diese oberflächliche Welt dort keine Tränen sehen will.
Also verlagerte ich mein Training in abgelegene Parks. Durch die Anstrengung und die Bewegung spürte ich schnell, dass sich ebenso meine Gefühle bewegten und sie dadurch besser nach außen gelangen konnten. Zudem spürte ich meinen Körper wieder und baute eine Art Freundschaft zu ihm auf. Das war der Funke und seitdem trainiere ich. Irgendwann kam dann noch der Gedanke hinzu anderen trauernden Menschen ebenso diesen Weg zu zeigen und zu verdeutlichen, welche wichtige Rolle der Körper in der Trauer spielt. Zusätzlich zu zeigen, dass es beim Training nicht um Äußerlichkeiten geht, sondern um Gefühle und genau das die Motivation sein sollte, denn sie hält dich dann auch beim Training zu bleiben. Ich habe dann noch mein Studium der Geschichtswissenschaften beendet, bin dann nach Wien gegangen und habe dort alle möglichen Sportausbildungen gemacht, um diesen neuen Weg einzuschlagen.
Wie kann Bewegung konkret beim Trauern helfen?
Wenn wir uns bewegen, kommen wir in Kontakt zu unserem Körper, aber auch zu unseren Gefühlen, besonders dann, wenn wir in eine gewisse Anstrengung gehen, löst sich ganz viel. Immer wieder erlebe ich bei Wut Trainings oder auch wenn es um Freude geht, dass ganz viel Emotionen hervorkommen, die sonst immer unterdrückt werden, um „funktionieren“ zu können. Sanfte Bewegungen können aber auch helfen in eine Ruhe und Entspannung zu kommen, ins hier und jetzt zu gelangen, um dem Gedankenkreisen eine Pause zu schenken. Zusätzlich stärkt Bewegung natürlich den gesamten Organismus, der durch die Trauer oft geschwächt wird.
Gibt es Sportarten oder Übungen, die dabei besonders hilfreich sind?
Grundsätzlich kann jeder Sport Trauer unterstützen, solange er gesundheitsorientiert ist und nicht an Leistung gebunden ist. Für mich aber war wichtig, dass ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen kann und es eine Mischung gibt aus unterschiedlichen Trainingsarten.
Nur Yoga z. B. war mir zu ruhig, nur boxen, war mir zu wild, und überall musste ich dennoch meine Gefühle unterdrücken, weil auch in normalen Sportkursen kaum einer mit Tränen umgehen kann. Daher denke ich, dass der Seelensport für Trauernde wohl am besten geeignet ist, weil er das Gesamtpaket umfasst und Trauer dort sein darf!
Welche Menschen trainierst du und wie wirkt sich der Sport bei ihnen aus?
Menschen, die einen einschneidenden Verlust erlebt haben (dabei spielt die Zeit keine Rolle, egal ob der Verlust 2, 10 oder 20 Jahre zurück liegt) und ihre Seele und den Körper stärken möchten.
Sie fühlen sich fitter und bekommen das Gefühl wieder etwas schaffen zu können, sie entwickeln neue Ziele fürs Leben und bauen Lebensfreude auf, sie werden selbstbewusst und mutig und stehen für sich und ihre Trauer ein, sie werden im Alltag ruhiger und gelassener, weil sie ein Ventil haben, wo die Gefühle raus strömen dürfen, sie schlafen wieder besser und fühlen sich im Körper wohler, sie entwickeln das Verständnis, dass sie gut sind, wie sie sind und nehmen sich bewusst Zeit und Raum für sich und ihren Körper.
Was empfiehlst du anderen Trauernden generell und in akuten, schlimmen Situationen?
Sich wirklich Zeit für all die Gefühle zu nehmen und durchzugehen, sich abzuwenden von negativen Dingen oder Menschen, die nur weiter schwächen, sich Raum und Zeit zu schaffen und sich Gutes zu tun, weil wenn es einem selbst nicht gut geht, kann es auch den Liebsten um einen herum nicht besser gehen oft. Hilfe in Anspruch nehmen, wenn man merkt, dass es nicht mehr alleine machbar ist, sich dafür nicht zu schämen und dies als Stärke anzusehen.
Hast du ein Motto oder einen Leitspruch, das/der dich immer wieder tröstet und motiviert?
Lebe. Lache. Liebe. Das hat Larissa immer gesagt und schenkt mir Kraft.
Du bist seit eineinhalb Jahren als Personal Trainerin selbstständig. Welche beruflichen Ziele möchtest du noch erreichen?
Ich wünsche mir, dass der Seelensport in den großen Städten zugänglich sein wird, sodass möglichst viele Trauernde die Möglichkeit dazu haben können. Dazu starten ab Herbst 2019 die Ausbildungen zu Seelensport-Trainern. Ich würde mir wünschen, dass der Seelensport ein offiziell anerkanntes Bewegungstherapie-Angebot wird. Mein Buch möchte ich noch im Handel sehen, wofür ich derzeit einen Verlag suche. Und mein zweites und drittes Buch fertig schreiben.
Wie kann man mit dir trainieren?
In Innsbruck kann man mit mir persönlich trainieren, in Form von Einzeltrainings oder Kursen. Außerdem gibt es immer mal wieder Workshops in verschiedenen Städten und Erholungswochen in meiner Heimat Reutte. Zur Zeit kann man mit mir auch online trainieren, da aber meine Zeit begrenzt ist und ich dennoch mehr Menschen Trainings ermöglichen möchte, arbeite ich gerade an einer Art Online- Kennenlernkurs für zu Hause, der dann im Jänner online geht.
Liebe Katy, herzlichen Dank für das Interview!
Beitragsbild: Julian Voit
Deklarationspflicht: Dieser Beitrag enthält unentgeltliche, unaufgeforderte Werbung für SeelenSport.
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